Montag, 29. Januar 2007

rechts unterhalb von dem hohen erddamm, auf dem der plattenweg verläuft, stand die bauabteilung. über 40 jahre war der vater auf dem pütt, über die hälfte davon gehörte er zu diesem gebäude. als kind hab ich ihn dort gelegentlich besuchen dürfen, es war immer ein erlebnis. man musste an der wache vorbei, besetzt mit invaliden in schwarzen uniformen, vorbei am eingang zu lohnhalle, kaue und verwaltung, da residierte der bergwerksdirektor, der tagesbetriebsführer, die fahrsteiger, lauter respektspersonen.
dann über die gleise der zechenbahn, ein richtiger rangierbahnhof mit lebhaftem betrieb. wenn da eine reihe waggons mit in den kurven kreischenden rädern losfuhr, ging man besser schnell weiter. die vielen weichen machten es schwer, die fahrtrichtung vorherzusehen.
seltsam die dampflokomotiven ohne feuerung, die füllten ihren druckkessel an einer art dampftankstelle. in der nähe des schachtes waren offene flammen streng verboten. richtig durfte man da nicht ran als kind, aber allein die nähe des schachtes, zu wissen, dass es da vorne fast tausend meter senkrecht in die tiefe ging, machte schaudern. die schwarzen männer aus der grube. und all die geräusche! zischende loks, die kohlenwaggons im zechenbahnhof hin- und herschiebend, metallisches klirren der gegeneinanderprallenden grubenwagen auf der hängebank, die kettenbahn, die glockensignale für anschläger und fördermaschinisten. undichte pressluftleitungen, kompressoren, motoren aller art. auf schacht 3, der schwesteranlage, hatten sie ein kesselhaus zur versorgung der dampfmaschinen. wenn es da förderstörungen gab und überdruck abgelassen werden musste, wusste der ganze stadtteil bescheid.
und die gerüche: kohle, dampf, schmieröl, diesel, die kokerei, und nochmal kohle. der warme mief aus den grubenlüftern. diesen ganz besonderen geruch einer kohlenzeche hab ich seitdem immer noch in der nase, manchmal wiedererkenne ich den sogar da, wo vor jahren mal ein bergwerk geschlossen wurde. oder auf halden. eine seltsame erinnerung an die kinderzeit, die ist für einen moment, einen hauch sozusagen, wieder ganz nah.
ungefähr bei den bunten lichtern auf dem unteren foto lagen die schächte, etwas rechts davon vielleicht. davor die werkstätten, da war ein großvater schmiedemeister, ein onkel schlosser. dahinter die wäsche.
vor der schreinerei ging es links, dann war man am baubüro. am fenster hatte man einen logenplatz für das schauspiel, das die kokerei bot: alle paar minuten wurde ein ofen ausgedrückt, schwarzer qualm und staub, glühende koksberge stürzten über eine schiefe ebene in den löschwagen, dann alles unter den turm und ein schwall heisser wasserdampf quoll oben raus. spektakulär, nicht nur für ein kind.
in den büros aktenschränke und schreibtische mit rolltüren (oder wie heißt das?), viele aktenschränke mit vielen leitzordnern. manche ordner waren leer, dann standen dahinter bierflaschen, auch mal schnaps. zeichentische - eher schräge wände - mit riesigen pantographen. und alle waren freundlich zu dem kleinen jungen, auch die chefs, die zechenbaumeister.
jahre später hab ich selbst mal ein paar monate im tagesbetrieb gearbeitet, instandhaltungsrevier, da kam man überall rum. geld für führerschein und bisschen fürs erste auto. immer noch herrschte die strenge hierarchische ordnung der fünfziger und sechziger jahre. vorarbeiter hatten weiße helme und blaues zeug. kleine meister weißen helm und weiße jacke, große meister und reviersteiger auch noch weiße hose. handwerker trugen blaumann oder ähnliches und blauen helm, hilfsarbeiter gelben helm und räuberzivil. italiener roten helm (oder grün, weiß ich nicht mehr so richtig), türken grünen helm (oder rot oder so). ich hatte 1 blauen helm organisiert, obwohl frisch von der penne gekommen und dumm wie stroh. aber so konnte mir nicht jeder hergelaufene was befehlen. manchmal war die arbeit aufregend: etwa seilscheiben schmieren hoch oben im schachtgerüst.
vorbei, alles weg. mit dem abteufen des ersten schachtes hatte die industrialisierung des ortes begonnen, war der stadtteil eigentlich erst entstanden, vorher gab es nur nasse wiesen und ein paar bauernhöfe. die menschen waren aus halb deutschland und polen und sogar aus england und österreich zusammengelaufen, hin zu den arbeitsplätzen. bisschen was von der nachfolgeindustrie ist noch da, sogar ehemalige bergbauzulieferer. und die meisten menschen sind noch da.
auf dem ehemaligen zechengelände jetzt handel, dienstleister, logistik und eine solarfabrik. langweilige firmen in langweiligen gebäuden, mühsam aufgehübscht mit bisschen glas im verwaltungstrakt. die zechenverwaltung, die kauen und das casino stehen aber noch. und die markenkontrolle, und die wache.
wo die kokerei stand, ist jetzt der erdwall aufgeschüttet und der pyramidenhügel, mit gutem grund.

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consol 1/6: rechts noch 1 zipfel der verwaltung, dahinter wäsche, nach links dann verladung, schächte, werkstätten, davor zechenbahnhof. die bauabteilung lag etwas links außerhalb des bildes, noch weiter die kokerei.

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danke für ihre geschichte.

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Wirklich lesenswert. Danke.

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nix zu danken. ist sozusagen nur ein persönlicher beitrag zum kohleausstieg.

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diesen Artikel empfehle gerne weiter.

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nachtrag. kokerei consol 1/6.
in dem würfelartigen gebäude rechts vorne war seinerzeit die bauabteilung der zeche.

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